Manchmal wird bei der Präsentation von Speisen der Fokus zu sehr auf reine Ästhetik gelegt—auf das perfekte Streichen von Soßen, das millimetergenaue Anrichten. Aber in der Praxis
zählt etwas anderes: die Fähigkeit, ein Gericht so zu präsentieren, dass es eine Geschichte erzählt und gleichzeitig funktional bleibt. In meinem früheren Arbeitsumfeld habe ich oft
gesehen, wie ein wunderschön angerichteter Teller in der Hektik des Service einfach nicht praktikabel war. Wozu dient ein Design, das in der Realität nicht standhält? Es ist diese
Diskrepanz, die viele unterschätzen: Eleganz und Effizienz müssen Hand in Hand gehen. Ein Beispiel, das mich immer wieder fasziniert, ist die Verwendung von negativen Räumen auf
einem Teller. Viele sehen das einfach als „modernen Stil“. Aber in Wirklichkeit ermöglicht es dem Gast, die verschiedenen Komponenten besser wahrzunehmen—visuell und geschmacklich.
Das ist nicht bloß Design, das ist Psychologie. Wer das versteht, kann nicht nur optisch überzeugen, sondern das gesamte Esserlebnis beeinflussen. Und genau hier liegt der
Unterschied zwischen oberflächlicher Kreativität und echter Professionalität. Ist das nicht eine spannendere Herausforderung als bloß „schön“? Und noch ein Gedanke: Die Fähigkeit,
Gerichte so zu gestalten, dass sie auf einem Foto genauso wirken wie live, ist heutzutage entscheidend—besonders in einer Welt, in der Social Media fast genauso wichtig ist wie der
Geschmack selbst. Aber was viele vergessen: Es geht nicht nur um Instagram-taugliche Optik, sondern darum, Authentizität zu bewahren. Ein Teller, der „zu perfekt“ aussieht, kann
auch abschrecken. Die Kunst liegt darin, Unvollkommenheiten gezielt einzusetzen, um Wärme und Menschlichkeit zu vermitteln. Das ist keine Technik, das ist ein Gefühl.
Die Schulung beginnt mit der Basis—ganz bodenständig. Die Teilnehmer lernen zuerst, wie man Zutaten so arrangiert, dass sie ein harmonisches Bild ergeben. Es geht nicht nur um
Ästhetik, sondern auch um Funktionalität: Ein Salatblatt, das den Teller verlässt, kann eine gute Idee sein oder eben auch wie ein Unfall wirken. Der Ausbilder gibt hier oft ein
Beispiel, indem er einen simplen Caprese-Salat auf zwei völlig unterschiedliche Arten anrichtet. Manche Teilnehmer lachen, wenn sie merken, wie leicht der erste Versuch wie
"Kantine" aussieht. Später wird es technischer, aber nicht trocken. Die Teilnehmer experimentieren mit Höhe und Struktur – hier wird oft improvisiert. Ein Dessert, das beinahe wie
ein Turm zusammenbricht, kann fast genauso lehrreich sein wie ein perfekt angelegter Teller. Ich erinnere mich, wie ein Teilnehmer einmal eine Komposition aus Schokolade und Beeren
einfach „Chaos mit System“ nannte. Es war überraschend überzeugend. Niemand hat je gesagt, dass Perfektion das einzige Ziel ist. Und dann gibt es diese Momente, in denen Theorie und
Praxis verschwimmen. Zum Beispiel, wenn plötzlich die Frage aufkommt, warum Weiß eigentlich die Standardfarbe für Teller ist. Die Gruppe beginnt zu diskutieren, jemand wirft die
Idee eines schwarzen Tellers in den Raum, und schon entstehen völlig neue Ansätze. Es ist faszinierend zu beobachten, wie solche Seitensprünge oft die besten Ideen hervorbringen. Ob
das Ergebnis dann tatsächlich umsetzbar ist? Nicht immer. Aber das ist auch nicht der Punkt.